Entwicklung des Heerwesens und die Stellung des Unteroffiziers von der Antike bis zur Neuzeit
- Römische Armee
- Stammesaufgebote und Feudalismus
- Söldnerheere, Schweizer, vom Ritter zur Kavallerie
- Zeitalter der stehenden Heere und Kabinettskriege
- Volksheere, Bürger in Uniform
- Deutsches Heer von der Reichsgründung bis heute
Römische Armee
Viele Hochkulturen der Antike unterhielten bereits stehende Heere. Oft waren diese nur die Kerntruppe des gesamten Kriegsaufgebotes, wie zum Beispiel die Leibwache des Herrschers.Der Rest der Heeresmacht bestand aus Milizen und Zwangsverpflichteten.
Im Unterschied dazu schuf das antike Rom die größte und effektivste stehende Heeresmacht seiner Zeit, die aus besoldeten, streng hierarchisch gegliederten Berufskriegern bestand.
Das überlieferte Gründungsjahr Roms ist 753 vor Christus. Anfangs noch ein kleiner Stadtstaat, entwickelte Rom sich im Laufe der Jahrhunderte vom Königtum zur Republik, und von der Republik schließlich zum Cäsarentum; bis schließlich Rom in das weströmische und das oströmische Reich zerbrach, und das weströmische Reich im 5. Jahrhundert an innerer Dekadenz und dem äußeren Druck der Barbarenstämme zerfiel; während Ostrom und seine Hauptstadt Byzanz/Konstantinopel 1453 von den Türken erobert wurde.
Zwischen diesen Daten liegt die Entwicklung der Militärmacht Roms von der Miliz der Anfangzeit zur ersten modernen Armee der Geschichte.
Gegenstand der Betrachtung soll die römische Armee zur Zeit der Herrschaft Augustus´s (Octavians, 27 v. Chr. bis 14 n. Chr.) sein.
Nach dem Ende des römischen Bürgerkrieges reduzierte Augustus den Kern des Heeres auf 28 Legionen. Eine solche Legion umfasste 4800 bis 6000 Mann einschließlich der Hilfstruppen. Ihr stand normalerweise ein Legat (General) vor. Eine solche Legion gliederte sich in 10 Kohorten zu ca. 480 Mann, die von einem Praefectus Cohortis oder Tribun befehligt wurde. Eine Kohorte bestand aus 3 Manipeln, welche aus 2 Centurien bestanden, die ein Centurio befehligte. (Centurie = Hundertschaft, die jedoch meist 60 – 80 Mann umfasste) Manipel und Centurien wurden von Centurios verschiedener Ränge befehligt.
Innerhalb der Legion gab es etwa 150 verschiedene Ränge und Ämter, wobei sich das heutige Wort Offizier vom lateinischen Officium = Amt ableitet.
Innerhalb dieser Hierarchie gab es auch bereits Ränge und Funktionen, die der eines heutigen Unteroffizieres entsprechen.
Da gab es zum Beispiel das hochehrwürdige Amt des Signifer, des an einem Tierfell kenntlichen Träger des Feldzeichens des Manipels. Innerhalb der Centurien gab es die Optios = Feldwebel, welche die Centurios bei der Ausbildung der Legionäre und bei der Weitergabe der Kommandos und der Überwachung ihrer Ausführung unterstützten.
Befördert wurde oft nach Verdienst; so dass nicht wenige sich vom einfachen Legionär zu hohen Rängen hochdienten.
Nach dem Zerfall des römischen Reiches sollte es für viele Jahrhunderte bis in das späte Mittelalter keine vergleichbare Heeresmacht geben, die die Züge einer modernen Armee trug.
Stammesaufgebote und Feudalismus
Im Übergang zwischen Spätantike und frühem Mittelalter prägten Stammesaufgebote das Heerwesen der gallischen, hunnischen, germanischen und sonstigen „Barbarenvölker.“ Führer waren Häuptlinge und Adlige; die Verfügbarkeit der Krieger richtete sich nach Ansehen, Jahres- und Erntezeit.
Mit der Entstehung des Frankenreiches und der Unterwerfung heidnischer Völker wie der Sachsen durch den christlichen Kaiser Karl den Grossen entwickelte sich in Europa nach und nach der Feudalismus; welcher auf der Lehenspyramide beruhte. An der Spitze dieser Pyramide stand der von Gott, sprich seinem Stellvertreter auf Erden gesalbte König.
Da der König seine Ländereien nicht alle in Persona beherrschen konnte, wurden diese Ländereien den treuesten Gefolgsleuten aus dem Heerbann des Königs zur treuhänderischen Verwaltung überantwortet. Dies waren Herzöge , Fürsten, Grafen und Barone; die ihre Macht wiederum an den niedrigen Adel, die Ritter weitergaben.
Die entscheidende Waffe des Mittelalters sollte für viele Jahrhunderte der schwer gerüstete berittene Ritter sein, während das meiste Fußvolk nur zur Unterstützung diente und taugte.
Eine feudale Armee war darum kein stehendes Heer, welches in Garnisonen konzentriert schnell abgerufen werden konnte; sondern eine Streitmacht die, über die Ländereien verstreut, normalerweise nur saisonbedingt zusammengezogen werden konnte.
Ein solches Ritterheer war alles andere als ein in sich geschlossener, gedrillter und kontrollierbarer taktischer Truppenkörper, sondern eher ein loses Konglomerat von Einzelkämpfern, die auf eine schnelle Schlachtentscheidung aus waren, und hierbei auf den ehrenvollen Einzelkampf mit ihresgleichen fixiert waren.
Söldnerheere, Schweizer, vom Ritter zur Kavallerie
Im Verlauf des Mittelalters wuchsen die Fußtruppen aber an Bedeutung und Professionalität. Militärische und soziale Umwälzungen erschütterten zunehmend die Stellung des Rittertums. Mit dem Anwachsen der Macht und des Reichtums der Städte verzichteten die Bürger zunehmend auf den Schutz des Ritters, und stellten Milizen und Söldnertruppen zu ihren Schutz auf.
Im militärischen Bereich kam es erstmalig dazu, dass die Fußtruppen zur schlachtentscheidenden Waffe wurden. Im hundertjährigen Krieg zwischen Frankreich und England wurde die Blüte der französischen Ritterschaft mehrmals, so bei Crecy und Agincourt, von walisischen und englischen Langbogenschützen niedergemäht.
Aufhorchen ließ Europa auch der Sieg einer nur aus Schweizer Fußvolk bestehenden Streitmacht über ein 3000 Mann starkes Ritterheer im Jahre 1315 bei Morgarten. Für viele Jahre bildeten die Schweizer die berühmteste, unbezwingbar scheinende Infanterie Europas.
Die wachsende Bedeutung des Fußvolkes machte die Umformung des Ritterheeres zu einem taktisch geschlossen Truppenkörper, zur Kavallerie, notwendig.
Im späten Mittelalter war der Wandel vom Feudalheer zum Söldnerheer weitgehend vollzogen. Das deutsche Gegenstück zu den Schweizer Eidgenossen bildeten die Landsknechte. Von diesem Wort leitet sich auch der Ausdruck Landser ab. Werfen wir einen Blick auf ein solches Heer.
Ein Söldnerheer war eine kostspielige Angelegenheit, und wurde meist erst geworben, sobald es gebraucht wurde. Hierbei gab es auch Kriegsunternehmer wie Erich von Mansfeld, Albrecht von Wallenstein oder die italienischen Condottieri; die komplette Heere als Mietsache anboten. Die Loyalität der Söldner galt demjenigen, der ihn bezahlte; nationale oder dynastische Belange spielten keine Rolle.
Die taktische und verwaltungstechnische Grundeinheit, der ein Söldner angehörte, war das Fähnlein oder Regiment, wobei Regiment hier als Herrschaft des Regimentsobersten zu verstehen ist.
In diesen Verbänden war nun schon wieder eine starke hierarchische Gliederung vorhanden:
„Von hohen Befelch und Epmtern/Empter so under das Fußknechtregiment gehörig
Der Oberst, sein Leutenant, Fußknecht Hauptleut, Schultheiß, Gerichtschreiber, Gerichtweybel, Gerichtsleut, Wachtmeister, Profandmeister, Quartiermeister, Profoß, Hurnweybel, Stockmeister, Steckenknecht, Nachrichter
Empter so under ein jedes Fendlein Knecht gehörig
Hauptmann, sein Leutenant, Fendrich, Feldweybel, Führer, zwee Gemeine Weybel, Capplan, Schreiber, Feldscherer, Pfeiffer und Trommelschlager, Rottmeister, Trabanten und Ambesanten…
Jeder der ein Amt (Officium) bekleidete war ein Offizier; wobei Ober- und Unteroffiziere unterschieden wurden. Von dieser Zeit an waren in den Heeren wieder hierarchische Gliederungen in Offiziere, Unteroffiziere und Mannschaften vorhanden.
Die Unterhaltung eines Söldnerheeres in einem längeren Krieg stellte die Souveräne und Staaten vor große Probleme. Da die Loyalität und Disziplin eines Söldnerheeres auf der regelmäßigen Besoldung und Verpflegung beruhte, rissen katastrophale Umstände ein, sobald dies nicht gewährleistet werden konnte.
Während im Mittelalter ein Heer selten mehr als 10.000 oder 20.000 Köpfe zählte, waren während des dreißigjährigen Krieges 1618 - 1648 Heeresstärken von 30-, 40- oder 50.000 Mann keine Seltenheit, zu dem meist noch ein 3 oder 4-mal so großer Schweif von Frauen, Kindern, Marodeuren und sonstigem Gesindel kam. Wenn solche Heere plündernd, brennend und sengend durch das Land zogen, kann man sich vorstellen, dass das Land anschließend im wahrsten Sinne des Wortes verheert war. In Deutschland fiel etwa ein Drittel der Bevölkerung diesem Krieg zum Opfer.
Der wirtschaftliche Schaden, der durch diese Art von Kriegführung entstand, bewog die Nationen, andere Wege zu beschreiten.
Zeitalter der stehenden Heere und Kabinettskriege
Mit der weiteren Entwicklung der Staaten wurde es ihnen möglich, Heere nicht nur in Kriegszeiten, sondern ständig unter Waffen zu halten. Diese Heere rekrutierten sich aus Landeskindern und Söldnern, welche mit scharfen Mitteln diszipliniert wurden. Der umfangreiche Tross und die meisten Nichtkombattanten wurden aus dem Truppenkörper entfernt. Den Höhepunkt erreichte diese Entwicklung im 18. Jahrhundert, und die berühmteste Schöpfung dieser Zeit war das preußische Heer, das Leopold von Anhalt-Dessau unter der Regentschaft des Soldatenkönigs schuf und drillte, und Friedrich II. in seinen Kriegen zur Begründung der Großmachtstellung Preußens nutzte. Dieses Heer wurde zum Vorbild aller Heere in Europa, und seine besten Werte und Traditionen leben bis heute in den deutschen Streitkräften fort.
Der Ausdruck Kabinettskrieg beruhte auf dem Bestreben der Regierungen, den Krieg unter weitgehender Schonung und Ausschluss der Bevölkerung und Wirtschaft vom grünen Tisch zu führen. Vielen diente die außer Kontrolle geratene Furie des dreißigjährigen Krieges, in der die Heere sich verselbstständigten und der Krieg den Krieg ernährte, als Warnung.
Volksheere, Bürger in Uniform
Zwei historische Ereignisse erbrachten den Umschwung vom Sold- zum Volksheer: Der Unabhängigkeitskampf der amerikanischen Kolonien gegen das britische Mutterland, in dem sie vom bourbonischen Frankreich unterstützt wurden, und die französische Revolution 1789. Diese war das Produkt der steigenden Staatsverschuldung, der Dekadenz und Unbeweglichkeit des Adels, der Armut der Massen ,und letzten Endes der Befruchtung der französischen Massen mit den Idealen des amerikanischen Freiheitskampfes.
Durch die Ausrufung der Republik und die Enthauptung Ludwigs des XVI. herausgefordert, kam es zum Krieg zwischen dem revolutionären Frankreich und den alten Mächten Europas. Da die ehemals königliche französische Armee nicht ausreichte, um der Bedrohung Herr zu werden, wurde zur Levee en masse aufgerufen, der Massenerhebung. Diese neuaufgestellten Truppen wurden durch den Kriegsminister Lazare Carnot mit den regulären Truppen nach und nach verschmolzen, und waren den alten Armeen Europas zahlenmäßig überlegen. Durch die Praxis der Revolutionskriege näherten sie sich schließlich auch qualitativ dem Standard der anderen Armeen an, und sie brachten geniale Führer hervor.
Der Krieg, die Armee und sein militärisches und politisches Genie waren für Napoleon Bonaparte schließlich das Sprungbrett zur Macht. 1804 wurde er Kaiser von Frankreich. 1805 zerschlug er eine österreichisch- russische Koalition, 1806 brach der preußische Staat unter seinem Ansturm zusammen.
Doch der tiefe Sturz Preußens wurde zur Grundlage seiner Erneuerung.
Patriotische Männer wie Scharnhorst, Gneisenau und Clausewitz im militärischen, oder wie der Freiherr von Stein im zivilen arbeiteten auf den Moment der Befreiung vom französischen Joch hin. Da Preußen nur noch ein Heer von 40.000 Mann besitzen durfte, versuchte man durch kurze Dienstzeiten Reserven zu schaffen. Der Soldat sollte nun nicht mehr durch die Angst vor Strafe, sondern durch innere Einsicht als Bürger in Uniform, als geborener Verteidiger seines Staates kämpfen. Adelsprivilegien wurden weitgehend abgeschafft.
Der unglückliche Russlandfeldzug Napoleons 1812, der in der Vernichtung der Grande Armee endete, bot die Gelegenheit zur Erhebung, und im Verbund mit Russland, Österreich, England und Schweden wurde Napoleon bis 1815 endgültig besiegt.
Die Kanzlerschaft Bismarcks in der nachnapoleonischen Zeit führte über seine Politik von Blut und Eisen schließlich zur Gründung des deutschen Reiches unter preußischer Hegemonie im Jahre 1871.
Die deutschen Streitkräfte wurden in einem Bundesheer zusammengefasst, das nach preußischem Vorbild geformt war.
Diese Armee hatte Bestand bis 1918.
Die Unteroffiziere bildeten „das Rückgrat der Armee.“ Sie gingen zum Teil aus den inzwischen vermehrten Schulen nach preußischem Muster hervor.
Den Hauptbedarf deckte die Truppe durch selbst herangebildete Mannschaften, die sich freiwillig zu längerer Dienstzeit verpflichteten.
Sie „kapitulierten“, wie es hieß, erhielten ein „Handgeld“ (100 Mark bei erster Verlängerung für 4 Jahre) und monatliche Löhnungszulage. Nach abgeleisteten 12 Dienstjahren hatten sie sich den Anspruch auf den Zivilanstellungsschein nebst einer Prämie von 1500 Mark erworben, die bei Verzicht auf den Übergang in die untere Beamtenlaufbahn um 3000 Mark anstieg. Da weiteres Emporkommen nur das Zivilleben ermöglichte, gab es keine langdienenden Veteranen mehr; sondern nur noch die sogenannten „Zwölfender.“
Wer die goldenen Tressen trug, als Feldwebel bzw. Wachtmeister auch schon das Portepee an der langen Seitenwaffe, stand in der Befehlshierarchie auf erster Stufe von respektabler Wichtigkeit.
Längst waren die Unteroffiziere keine reinen Exerzier- und Drillmeister mehr. Da sich die geschlossenen Gefechtsformen unter der Einwirkung rasant fortschreitender Waffentechnik nahezu aufgelöst hatten, mussten sie den Offizier im Kompaniebereich umso selbsttätiger unterstützen, und ihn in kritischer Lage sogar ersetzen können, wie schon 1866 im Swiepwalde von Königgrätz. Dem entsprach die erhöhte Bedeutung der Aufgabe, auch die Mannschaften zu aktivem Mithandeln zu erziehen.
„Auf der Zuverlässigkeit und Pflichttreue der Unteroffiziere“ beruhte der „innere Zusammenhang der Truppe.“ So war ihrer Stellung im Bewusstsein des Volkes ein angemessener Rang zuerkannt. Der Berufsstand der Unteroffiziere erfuhr ideelle Stärkung durch bewusste Pflege des Korpsgeistes innerhalb der Kompanien. Während des Dienstes lag diese Pflege hauptsächlich in der Hand des Chefs und seiner Offiziere, außerhalb war sie dem fürsorglichen Einwirken des „Etatmäßigen Feldwebels“ (Spieß) anvertraut.
Das Unteroffizierkorps des deutschen Heeres hat sich in der Feuerprobe zweier Weltkriege durch hohes soldatisches Können im Urteil sowohl in- als auch ausländischer Militärexperten voll bewährt.
Der ehemalige französische Staatspräsident Francois Mitterrand, im 2. Weltkrieg Mitglied der Resistance, und selbst in deutscher Gefangenschaft gewesen, sagte 1990 bei einem Staatsbesuch in Berlin: „Bei den deutschen Soldaten, die in so großer Zahl starben, kommt es mir weniger auf ihre Uniform noch auf den Geist an, der ihre Handlungen bestimmte. Sie hatten großen Mut und marschierten in diesen Feuersturm, ohne zu zögern. Es waren Menschen, die ihr Vaterland liebten. Dessen muss man sich gewahr werden.“
Die willfährige, schuldhafte oder tragische Verstrickung von Wehrmachtsangehörigen aller Dienstgrade in Hitlers verbrecherischen Krieg macht einen Traditionsbezug der Bundeswehr auf die Wehrmacht als Vorläufer unmöglich.
Gültig bleibt aber für uns das Ideal des Staatsbürgers in Uniform, der seinem Eid, seinem Auftrag und seinem Gewissen verpflichtet ist.
Zitat auf dem Grabstein des preußischen Offiziers von der Marwitz:
„Wählte Undank, wo Gehorsam keine Ehre brachte.“
Von der Marwitz war ein verdienter preußischer Offizier während der Herrschaft Friedrich des II.. Ein sächsischer Minister war ein Intimfeind Friedrichs. Der sanguinische Charakter Friedrichs trieb ihn dazu, dem Bataillon Marwitz zu befehlen, das Lieblingsschloss des Ministers zu verwüsten. Obwohl Marwitz sich der Konsequenzen für seine Karriere bewusst war verweigerte er den militärisch sinnlosen und moralisch fragwürdigen Befehl, und wurde in Ungnaden entlassen.